Stabilität, Optimalsteuerung und Spiele in Meinungsdynamiken
Ein interessantes Thema in der Modellierung und Simulation künstlicher Gesellschaften ist die dynamische Entwicklung von Meinungen. Klassisch werden solche Meinungsdynamiken durch zeitdiskrete dynamische Systeme beschrieben. Als Systemdynamik werden verschiedene Ansätze verfolgt: Die Lehrer-Wagner-Dynamik ist gegeben durch ein gewichtetes arithmetisches Mittel der Meinungen aller Individuen. Die Gewichte entsprechen individuellen gegenseitigen Kompetenzzuordnungen der Individuen. Diese Dynamik ist wichtig, da sie unter milden Bedingungen gegen einen Konsenz konvergiert, der pareto-optimal bzgl. plausibler, von den Mischgewichten der Konsenzmeinung abhängiger Nutzenfunktionen der Individuen ist. Eine andere Dynamik ist die Hegselmann-Krause-Dynamik, oder Bounded-Confidence-Dynamik. Hier nimmt jedes Individuum nur Meinungen ernst, die nicht zu weit von der eigenen Meinung entfernt sind. Diese Dynamik ist nicht stetig; daher sind Vorhersagen schwer zu treffen. Trotzdem konnten wir ein Konvergenzresultat zeigen, das eine Vermutung von Hegselmann und Krause bestätigt.
Unsere neue Idee ist nun, die Meinungsdynamik durch frei platzierbare Meinungen zu beeinflussen und zu studieren, was man damit erreichen kann. Eine Aufgabe ist es, eine Meinung so zu platzieren, dass nach einer festen Anzahl von Zeitschritten möglichst viele Meinungen in einem vorgegebenen Intervall angekommen sind. Dieses Optimalsteuerungsproblem haben wir „Parteienspiel“ getauft. Für das Parteienspiel haben wir ein ILP-Modell entwickelt, das eine Optimalsteuerung berechnet. Leider skaliert das Modell sehr schlecht, es ist aber momentan nichts Besseres bekannt.
Daher haben wir ein Projekt im Forschungszentrum MODUS aufgesetzt, in dem solche Fragestellungen unter dem Stichwort „Optimale Diplomatie“ untersucht werden.